Heike Gfrereis / Friedrich Schiller: "Die Räuber" (1782) und Theodor Fontane: "Effi Briest" (1894)
„In Schillers Erstlingsdrama und Fontanes Roman (mehr dazu) übersieht man leicht die negativen Afrika-Bilder. Die Stereotypen werden unterlaufen, weil sie unsympathischen Figuren in den Mund gelegt werden: dem intriganten und hässlichen Bruder- und Vatermörder Franz Moor und dem Prinzipienreiter-Ehegatten und Liebhaber-Ehrenmörder Innstetten. Schiller und Fontane genügt so jeweils ein halber Satz zur Dekonstruktion.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Sandra Richter / Frieda von Bülow: "Tropenkoller" (1895)
„Wir denken uns die Literatur des Fin de siècle modern, unterschlagen dabei aber eine dunkle Seite eben dieser Literatur: Jene zahlreichen und damals auf dem Buchmarkt erfolgreichen Texte, die zwar von modernem Denken und Schreiben geprägt waren, politisch aber das pro-koloniale Denken und Handeln beförderten.
‚Tropenkoller‘ gibt einen historisch bedeutsamen Einblick in eine gemäßigte koloniale Mentalität, die zugleich anti-preußisch angelegt ist. Das wird vor allem an ihrer kritischen Auseinandersetzung mit einer Leitvokabel des Kolonialdiskurses deutlich: ‚Tropenkoller‘. Der Begriff bezeichnet eine nervliche Reizbarkeit, angeblich verursacht durch klimatische Extrembedingungen, in Wahrheit ein Kniff, um in Gerichtsverfahren brutale Kolonialbeamte freizusprechen.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Sandra Richter / Max Webers Freiburger Antrittsvorlesung (1895)
„Webers Antrittsvorlesung hat das Denken über die Kolonien in all seinen politischen und kulturellen Topoi mitgeprägt. ‚Afrika‘ wird mit imperialen und zugleich aufklärerischen Sprachbildern erzählt und als Lösung für ein Problem entworfen: Das (liberale) Großbürgertum und der Adel sind nicht mehr wie bislang die leitenden politischen Kräfte, sondern nach dem englischen Modell eine durch ökonomische Erziehung und dem Kampf um Weltmacht gereifte Arbeiterklasse.
Das Verhältnis zwischen Kolonialismus, Aufklärung und Fantasie – in all ihren künstlerischen und literarischen Spielarten – näher zu bestimmen, interessiert mich. Ich halte es für eine multiperspektivische Geschichte des Kolonialismus für essentiell.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Daniel Knaus / Gustav Frenssen: "Peter Moors Fahrt nach Südwest" (1906)
„Frenssens Figuren – Soldaten, Händler, Gelehrte und, wie er selbst, Geistliche – rechtfertigen den Genozid an Herero und Nama umfassend: patriotisch, sozialdarwinistisch, ökonomisch, religiös, gar utopisch im Sinne allgemeiner Brüderlichkeit. Der monströse Text war ein Verkaufserfolg.
Heute ist er unbewältigte Geschichte und legt viele Fragen nahe, zum Beispiel die nach dem historischen Hintergrund, vor dem Frenssens Rhetorik der Gewalt erfolgreich sein konnte.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Sandra Richter / Hans Paasche: "Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschland" (1912/13)
„In Briefen berichtet der fiktive Deutschland-Tourist und Quasi-Ethnologe Lukanga Mukara über Deutschland. So denkt Lukanga Mukara etwa über eine Zivilisation nach, die das Schreiben und die Schriftlichkeit zur Pflicht macht, aber sich nicht um die Inhalte des Geschriebenen kümmert. Paasches afrikanischer Korrespondent kritisiert deutsche Lebens- und Arbeitsformen, mangelnde Moral, Ess- und Trinkgewohnheiten, moderne Sinnentleertheit, Profitgier und das hektische Streben nach Position und Ansehen. Aus seiner Sicht sind die Deutschen Sklaven ihrer eigenen Lebens- und Produktionsweise.
‚Lukanga Mukara‘ ist einer der ersten Texte und in deutscher Sprache wohl überhaupt der erste, der den europäischen ethnologischen Blick umkehrt und ihn auf Europa, hier: auf Deutschland richtet.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Stefanie Hundehege / Hans Grimm: "Ostafrikanische Novellen" (1913)
„John Nukwas Lehrjahren“ ist die einzige Novelle, die einen afrikanischen Protagonisten hat. Grimms „Afrika“ erscheint nicht als wilder, gesetzloser Ort, aber durchaus als eine Welt, in der Wahrheit und Lüge, Gesetz und Gerechtigkeit, Religion und Magie miteinander verschwimmen.
Die Hauptfigur, der einundzwanzigjährige John Nukwa aus Kentani (Südafrika), wird im Laufe der Erzählung von beinahe jedem, dem er begegnet, egal ob Europäer oder Afrikaner, ausgenutzt und betrogen. Verzweifelt und überzeugt, dass übernatürliche Kräfte am Werk sein müssen, sucht John schließlich einen medizin- und magiekundigen Inncibi auf. Er bittet ihn, die Imishologu, die Geister der Toten, zu beschwören.
Grimm ist bemüht, das Erzählte so authentisch wie möglich erscheinen zu lassen. Er bezieht sich auf afrikanische Bräuche und verwendet afrikanische Wörter, ohne diese im Text genauer einzuführen oder zu erläutern. Für seine europäische Leserschaft fügt Grimm am Ende der Novellensammlung einen Index ein.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Martin Kuhn / Lydia Lenßen: "Den Kämpfern in Deutsch-Ostafrika" (1914)
„In der von Johann Albrecht, einem Kolonialpolitiker, zwischen 1914 und 1918 zusammengestellten Gedichtanthologie ‚Deutsche Kriegsklänge‘ findet sich auch dieses Propaganda-Gedicht. ‚Afrika‘ erscheint als wilde, glühend heiße und vertrocknete Ödnis, als Peripherie der zivilisierten Welt. Kolonialismus und Krieg dienen beide dem Ziel, eine deutsche Vorherrschaft zu sichern.
Die Anthologie ist im Deutschen Literaturarchiv Teil einer 2013/14 von Arno Barnert rekonstruierten Truppenbibliothek.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Jan Bürger / Gottfried Benn: "Ostafrika" (1925)
„Das Gedicht stellt stereotype, zum Teil auch rassistische Vorstellungen von Afrika unvermittelt nebeneinander, die nach Ende des Ersten Weltkriegs präsent waren. Beim genauen Lesen fällt auf, dass es in diesem Gedicht kein Ich gibt – ist das, was Monolog scheint, eine Parodie jener Kolonialsehnsüchte, die in den zwanziger Jahren für einen Großteil der deutschen Gesellschaft noch ganz selbstverständlich waren?
Benns Gedicht verweigert sich dem einfachen Verstehen konsequent und ist aus ‚Redensarten, Sprichwörtern, sinnlosen Bezügen‘ zusammengesetzt – eine poetische Umsetzung seiner Vorstellung vom ‚Mensch in Anführungsstrichen‘.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Vera Hildenbrandt / Alfred Döblin: "Berge Meere Giganten"
„Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage ‚Was wird aus dem Menschen, wenn er so weiterlebt?‘, thematisiert Döblin in siebenhundert Handlungsjahren immer wieder und immer wieder anders ‚Afrika‘.
Der Roman setzt in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ein und führt im Zeitrafferverfahren und in wenigen Abschnitten durch Jahrhunderte rasanten technologischen Fortschritts. Die Menschen der „westlichen Kontinente“ bringen ‚Maschinen, Apparate‘ und ‚Erfindungen‘ hervor, die ihnen ‚Zauberwesen‘ sind und sie mit einem ungeheuren Expansionsdrang erfüllen.
Orale afrikanische Erzähltradition wird im Roman Auslöser einer Gegenbewegung: Die ‚abseits der Städte, in Wäldern‘ gebauten Theater- und Spielstätten der ‚jugendartigen Wesen‘ ziehen die Menschen aus den Städten heraus. Die Folgen von kolonialem Antrieb, von Globalisierung und Hybridisierung der Gesellschaft werden in drastischen und visionären Bildern in Szene gesetzt.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Martin Kuhn / Claire Goll: "Der Neger Jupiter erobert Europa" (1926)
„Golls Roman zeigt exemplarisch die Stereotype auf, die in der literarischen Moderne vermeintlich aufklärerisch verhandelt werden und den afrikanischen Kontinent selbst zur Projektionsfläche eigener Sehnsüchte machen. Der nicht immer geglückte Roman deckt einen Widerspruch auf: Die Schwarzen sind gesellschaftliche Außenseiter, obwohl die Beschäftigung mit afrikanischer Kunst und Musik absolut in Mode ist.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Sandra Richter / Kurt Tucholsky: "Grimms Märchen" (1928)
„Tucholskys in der von ihm mit herausgegebenen Wochenschrift ‚Die Weltbühne‘ veröffentlichter Verriss von Hans Grimms ‚Volk ohne Raum‘ beschreibt diesen Roman als Kolonialliteratur nach dem Ende der Kolonialliteratur: Nach dem Versailler Vertrag 1918 sind Kolonien ‚ein Anachronismus‘.
Tucholsky zeigt, wie sich Kolonialdebatte und der aufkommende Nationalsozialismus überlagern. Es sind dieselben Argumente und Erzählformen, die für und wider die Kolonien, für und wider nationalsozialistische Phantasien von Raumnot ausgetauscht werden.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Merisa Teranis / Kurt Tucholsky als Kaspar Hauser: Kolonialball (1930)
„Das seit 1920 vom Ortsverband Berlin organisierte Fest, das alljährlich im Winter unter dem Motto ‚Tropennacht unter Palmen‘ stand, stieg schnell zu der wichtigsten Jahresveranstaltung der Berliner Ballsaison auf. In der Weltstadt wird ein ‚modernes Weltbild‘ propagiert, indem die Opfer- und Täterrollen verkehrt werden: Die im ehemaligen deutschen Schutzgebiet lebenden Weißen sind nun (ironisch) ‚Brüder, die zu befreien sind‘.
Der koloniale Mode-Import ist aus Tucholskys Sicht so bieder wie frivol: ‚Zwei Kostüme: ein pflaumenfarbenes, mit Goldfäden durchzogenes Abendkleid, vorne so lang wie hinten so hoch, und ein ärmelloses Kleid, das von einem Wattebausch zusammengehalten wurde, werden sicherlich überall für den Gedanken der deutschen Kolonisation werben.'“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Merisa Teranis / Aimé Césaire: "Cahier d’un retour au pays natal" (1939)
„Lion Abel und Yvan Goll versuchen Césaires Langgedicht in einer zweisprachigen Edition herauszugeben: ‚Cahier d’un retour au pays natal‘ / ‚Memorandum on my native land‘ (1947).
Bereits der Titel ist eine Herausforderung. Eine der frühen Varianten heißt: ‚Memoandum on Returning Home‘. Eine weitere Schwierigkeit zeigt sich bei der Übersetzung der Neologismen ’négritude‘ und ’négraille‘. Die ’négritude‘ ist Teil der Identität der Schwarzen, ein Merkmal, das durch Beziehungen und Kommunizieren entsteht. Die ’négraille‘ bezeichnet das aufständische, revoltierende Schwarzsein. Goll und Abel jedoch übersetzen beides unterschiedslos mit ’niggerness‘.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Merisa Teranis / Aimé Césaire: "N’ayez point pitié de moi" (1941) und Paul Celans Übersetzung "Habt kein Erbarmen mit mir"(1948)
„In Césaires Gedicht werden die Opfer des Kolonialismus zur Erinnerung an die kolonialen Verbrechen als Sterne wieder zum Leben erweckt. Pointiert wird dieses Bild durch eine hervorspringende Viper, die in vielen Teilen Afrikas metaphorisch für die Inkarnation verstorbener Verwandter steht.
In Celans Übersetzung fehlt dieser Aspekt der Wiedergutmachung. Er macht aus Césaires Sternen einen einzigen und endet mit einer Otter – vielleicht, weil Celan an das Alte Testament dachte, wo die Otter für das Böse und Giftige steht. Für ihn ist die Shoah der Bezugspunkt seines Gedichts.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
x
„Da ich gewahr werde, daß der Neger das Symbol der Sünde ist, beginne ich, den Neger zu hassen. Aber ich stelle fest, dass ich selbst ein Neger bin. Um diesemKonflikt zu entrinnen, gibt es zwei Lösungen. Entweder bitte ich die anderen, nicht auf meine Haut zu achten; oder aber ich will, daß man sie bemerkt. Dann versuche ich, das aufzuwerten, was schlecht ist, da ich – unüberlegt, anerkannt habe, daß der Schwarze die Farbe des Bösen ist. Um dieser neurotischen Situation ein Ende zusetzen, in der ich gezwungen bin, eine ungesunde, konfliktschwangere, von Phantasien genährte, antagonistische und letztlich unmenschliche Lösung zu wählen, bleibt uns nur eine Lösung: dieses absurde Drama, das die anderen um mich herum inszeniert haben, zu überfliegen und diese beiden Termini, die beide gleicher- maßen unannehmbar sind, wegzuschieben und durch die menschliche Besonderheit das Allgemeine anzustreben. Wenn der Neger untertaucht, das heißt hinabsteigt, geschieht etwas Außergewöhnliches.“
(Fanon, Schwarze Haut, weiße Masken, Frankfurt 1980, S. 124-125.)
Margret Frenz / Frantz Fanon: "Peau Noir, Masques Blancs" (1952)
„Ich habe diesen Text ausgesucht, weil Frantz Fanon (1925–1961) damit deutlich macht, dass Menschen häufig aufgrund ihrer Hautfarbe in unterschiedliche Kategorien aufgeteilt werden. Er weist darauf hin, dass dunkle Hautfarbe als Symbol der Sünde angesehen wird. Er plädiert dafür, Zuschreibungen von anderen keinen Wert mehr beizumessen. Fanons Ausführungen haben auch knapp siebzig Jahre nach der Erstveröffentlichung nichts an Aktualität verloren. Er benennt Tatsachen ohne Umschweife. Er hat eine klare Vorstellung davon, was geschehen muss, um sich – und andere – aus dem Dilemma der Zuschreibung aufgrund von Hautfarbe zu lösen und so zu einer universellen Menschlichkeit zu gelangen.
Es ist wichtig, sich über zum Teil unbewusste, aber hoch wirksame Zuschreibungen im Klaren zu sein, die tief – sehr tief – in das kulturelle Gedächtnis Europas und in Verhaltensweisen von Europäer:innen eingeschrieben sind. Um Fanons Text zu verstehen, ist es notwendig, historisches Wissen über die Kolonialgeschichte und die Dekolonialisierung afrikanischer Länder im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert zu haben.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Anna Kinder / Brief von Léopold Sédar Senghor (1906-2001) 1968
„Der senegalesische Autor und Politiker Senghor erhält 1968 den ‚Friedenspreis des deutschen Buchhandels‘. Neben Aimé Césaire, einer der zentralen Vertreter des Programms der ‚Négritude‘, setzt Senghor sich für die kulturelle und politische Eigenständigkeit Afrikas ein.
Selbstbehauptung durch Differenz, so könnte man das Programm umschreiben, das Senghor von einem europäischen Standpunkt aus entwirft. Im ‚Urgrund der afrikanischen Seele wurzelnd‘ und ‚gebildet am europäischen Geist‘, so die Preiserklärung.
Unter anderem gehören Goethe, Einstein, Sartre und Marx ebenso wie der Philosoph Hermann Alexander Graf Keyserling und der Ethnologe Leo Frobenius zu seinen Gewährsmännern.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Tamara Meyer / Peter Weiss : "Gesang vom lusitanischen Popanz" (1967)
„Peter Weiss prangert in seinem Stück das kolonialistische Verhalten des Mutterlandes sowie die Ausbeutung Afrikas an. Das Jahr der Uraufführung des Stückes, 1967, liegt zwischen den ersten Unabhängigkeitskämpfen und der Nelkenrevolution, die das Ende der portugiesischen Diktatur 1975 einläutete.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Annette Bühler-Dietrich / Ilse Langner: "Schwarze Reise" (1976)
„Langner reiste 1975 für sechs Wochen nach Kenia und Uganda und veröffentlichte 1976 ihren Artikel ‚Schwarze Reise‘ in der Zeitschrift ‚Frankfurter Hefte‘. Sie interessiert sich besonders für nicht-intellektuelle Frauen und stellt dem als global empfundenen Nairobi Kampala gegenüber, wo sie vor allem die Bäuerinnen und Marktfrauen beschreibt.
Der Blick der 75-jährigen Autorin auf Frauengestalten verschiedener Herkunft und verschiedenen Alters entdeckt Facetten, die von anderen Berichten nicht abgedeckt werden. Gleichzeitig verstört die Art, wie sie die Körper der Marktfrauen beschreibt.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
x
„Eine heulende Düne. Es ist die Klage des Sandkorns, in der Sonne verbrannt, in der Namib Wüste, das rollt, fällt, stürzt. Es ist das tränenlose Weinen der Sandkörner, Zeugen der uralten Toten. Zeugen ausgemergelter Körper, des Durstes, des Vergessens der anderen Kontinente. Für die in die deutsche Falle gegangenen Körper schreien die Sandkörner, vom Wind entkörnt, ihren Schmerz. Es ist der Blues von Big Mama, deren Flanken diese toten Kinder beweinen. Die Namib Wüste hat nicht genügend Schutz verliehen, trotz der Bedeutung ihres Namens: Schild. Zum ersten Mal wird der Befehl gegeben, niemanden zu verschonen. Männer, Frauen und Kinder.“
Annette Bühler-Dietrich / Penda Diouf: "Pistes" (2018)
„Ich habe den noch unveröffentlichten Text ‚Pistes‘ (‚Pisten‘) der franko-senegalesischen Autorin Penda Diouf ausgesucht, weil sie in ihrem autobiografisch informierten Monodrama die Geschichte ihrer Diskriminierung als Heranwachsende in Frankreich mit der Gewaltgeschichte von Deutsch-Südwest verbindet.
Sie reist allein durch die Namib und stellt Beziehungen über Zeit- und Sprachgrenzen her, verbindet die Wahrnehmung der Natur mit der Erinnerung an die Vernichtung der Herero und Nama während der deutschen Kolonialzeit und ihrer in Frankreich erlebten eigenen Ausgrenzungserfahrung.“
Anmelden, um diesen Beitrag zu kommentieren
Bruno Arich-Gerz: „Alle, die seine durch Fieber und Klima noch erhöhte Reizbarkeit kannten, vermieden sorglich, mit ihm in Streit zu geraten, und da jedes unbedachte Wort einen solchen hervorrufen konnte, ging man mit ihm behutsam um, wie mit einem rohen Ei.“ Mich fasziniert an diesem ‚Denkbild‘ aus „Tropenkoller“ das Phänomen der zweifach erhöhten Temperatur (Hitze und Fieber) und seiner Messbarkeit;
Bruno Arich-Gerz: „Alle, die seine durch Fieber und Klima noch erhöhte Reizbarkeit kannten, vermieden sorglich, mit ihm in Streit zu geraten, und da jedes unbedachte Wort einen solchen hervorrufen konnte, ging man mit ihm behutsam um, wie mit einem rohen Ei.“ Mich fasziniert an diesem ‚Denkbild‘ aus „Tropenkoller“ das Phänomen der zweifach erhöhten Temperatur (Hitze und Fieber) und seiner Messbarkeit; die Rolle des Thermometers beim Bestreben, eine (neue) Krankheit: den ja nur provisorisch und umgangssprachlich so genannten Tropenkoller zu beschreiben; die nahezu völlige Abwesenheit des Wortes ‚Thermometer‘ in kolonialliterarischen Texten: Diese Texte sind nicht an der medizinischen Seite des Phänomens interessiert, sondern an der gesellschaftlichen oder soziopolitischen im Zeichen einer Kolonialapologetik.“
Sonja Arnold: „Der wohl berühmteste literarische Tropenkoller – ‚Tropen. Der Mythos einer Reise‘ (1915) von Robert Müller – übermannt den Held nicht in Afrika, sondern im tropischen Südamerika. ‚Tropenkoller‘ ist kein auf den afrikanischen Kontinent begrenztes Phänomen. Dieselben Stereotypen lassen sich auch auf koloniale Konstellation außerhalb von Afrika übertragen.“